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GERHARD GRUBER - STUMMFILMPIANIST





Gerhard Gruber ist seit 1988 Stummfilmbegleiter am Klavier. In unzähligen Aufführungen hat er seither um die 550 Filme begleitet (Los Angeles, Washington, Boston, Mexiko, Delhi, Pune, Mumbai, Kiew, Odessa, Kharkiv, Valencia, Auckland, Tokyo, Hobart, Bordeaux, Hamburg, München, Wien u.v.a.) und gilt als der wichtigste Vertreter seines Metiers in Österreich.

Im Jahre 1988 wurde kurzfristig für einen Chaplin - Stummfilmabend ein Pianist gesucht. Dass daraus für Gerhard Gruber ein eigener Beruf entstehen würde, war damals nicht abzusehen. Seine Begeisterung für dieses Metier ist seither ungebrochen. "Das Gefühl, mitten im Geschehen dabei zu sein, war unbeschreiblich und ist bis heute unverändert geblieben. Das ist auch ein Garant für die Lebendigkeit der Stummfilmabende. Es ist nie der Film allein, es ist immer die Dreiheit Film - Musik - Publikum, und deshalb ist jeder Abend auch ein eigenes Erlebnis."

Gerhard Grubers spezieller Zugang zur Stummfilmbegleitung ist die Improvisation, die er als direkten und immer neuen Dialog mit dem Geschehen auf der Leinwand ansieht. So ist keine Aufführung eines Filmes gleich, er liebt es, sich immer wieder neu von den Filmen verführen zu lassen und diese Verführung an das Publikum weiterzugeben.


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VON LANDSCHAFTEN UND PARTITUREN
Ein Interview mit Gerhard Gruber, Gast bei Impara l’Arte 2008 in Padua
Artikel von "http://www.nonsolocinema.com/nsc_autore.php3?id_auteur=181"
Autor: Marco Bellano
Publiziert am Freitag, 22. Februar – NSC Jahr IV Nr. 10

Man muss es wirklich sagen, mit Erleichterung und Dankbarkeit: endlich. Endlich, für einmal, ist L’uomo con la macchina da presa („Der Mann mit der Kamera“) von Dziga Vertov nicht Vorwand, um das vermischte Geklirre, das elektronische Schwirren, die rasenden Wiederholungen und alle anderen stereotypen Synonyme von „Avantgarde“ und „Fließband“ zu sammeln, die viele Stummfilm-Komponisten zusammenfügen, wenn sie sich mit diesem Film beschäftigen.
Jene, die den Film und ihre genialen formalen Studien über das bewegte Bild kommentiert, ist diesmal dagegen eine nachdenkliche und kohärente Klavier-Improvisation: ein komplexer Klangbogen, der mit einer hypnotischen Begegnung aus zyklischen und diatonischen Melodien mit langen pedalisierten Harmonien beginnt. Der Film, mit seiner vibrierenden optischen Erregung, scheint fast unabhängig von der so ruhigen und fein kontrollierten Musik zu sein. In Wirklichkeit sind die Augen des Solisten fix auf die Leinwand gerichtet, und Sicht und Gehör konvergieren heimlich, um in der Mitte der Vorstellung mit Natürlichkeit ihre versteckte und unumgängliche gegenseitige Abhängigkeit zu verraten. Es ist die so genannte Sequenz Sinfonia delle mani (Symphonie der Hände); der Vorwand für die Wende: ab diesem Moment werden die melodischen Figuren virtuos und das Klavier lässt die Klangintensität wachsen. Schnitt und Rhythmus der Musik verstärken sich gegenseitig, während Dur-Tonarten Eingang finden und im akustischen Fluss kurze Sonnenmomente erwecken, die durch ein sporadisches Auftauchen ironischer Elemente aufgewertet werden.
Gerhard Gruber, geboren 1951, ist der österreichische Pianist, dem diese Interpretation des Werkes von Vertov zu verdanken ist. Er ist auf Jazz-Improvisation spezialisiert und gehört heute zu den einflussreichsten aktiven Musikern, die sich mit Stummfilmen beschäftigen. Wir haben ihn nach der Projektion am 20. Februar 2008 in Padua beim MPX-Kino in der via Bonporti getroffen.
Wie haben die Bilder von “L’uomo con la macchina da presa”ihre Improvisation stimuliert?
Es ist nicht einfach, das zu erklären. Ich glaube, dass jede Improvisation auf der Unwiederholbarkeit der Interpretation basieren muss. Jedes Einzelbild bereitet mir unzählige klangliche Anreize: jedes Mal, wenn der Film projiziert wird, verwende ich einen anderen. So verändert sich der Weg zwischen den Bildern bei jeder Vorstellung. Ich bin an einem Ort geboren, der von Erhebungen und Hügeln geprägt ist. Dort konnte man ein wunderschönes Panorama beobachten. Aber schon nach wenigen Schritten veränderte sich die Landschaft: Der Verlauf des Geländes ermöglichte neue und bedeutungsvolle Details zu beobachten. Für mich sind die Stummfilme wie diese Landschaft: Eine jede meiner Interpretationen ist nur eine von vielfältigen Gesichtspunkten, durch die man (die Stummfilme) schätzen kann. Daher denke ich, dass das Musizieren für die Stummfilme ein bisschen wie das Bauen musikalischer Landschaften ist.
Aber auch, wie eine Partitur zu interpretieren...
Das ist absolut richtig und sehr vereinbar mit meinen Gedanken. In der Tat kann man auch eine Partitur auf verschiedenste Weisen lesen. Daher betone ich immer, dass die Freiheit des Musikers immer dem Film untergeordnet ist. Es stimmt, dass manchmal die Sinne des Zuschauers dahin tendieren, Zusammenhänge zwischen Bild und Ton zu finden, auch wenn diese nicht existieren. Man darf sich daher aber nicht leisten, das was auf der Leinwand passiert zu ignorieren. Man muss die richtige Balance zwischen Unabhängigkeit, Folgerichtigkeit und Kontrast finden. Traditionellerweise bevorzugen die Amerikaner in der Filmmusik die Abhängigkeit vom Bild, die Russen umgekehrt.
Haben Sie nie daran gedacht, Partituren für Tonfilme zu schreiben?
Nein, eigentlich sind meine einzigen Produktionen außerhalb des Stummfilms, die etwas mit dem Kino zu tun haben, einige Musikserien, die für allgemeine Situationen und Charakter geeignet sind. Zum Beispiel: Musik für eine Spannungsszene, für eine lustige Szene… Ich habe diese Arbeit für einen Radiosender gemacht, der sich meine Kompositionen für verschiedene Programme nützlich gemacht hat, je nach Bedarf. Es ist mehr oder weniger das, was die Musiker zur Zeit des Stummfilms gemacht haben, als man das Repertoire für die Pianisten zusammensetzte, die dann den Film im Saal begleiten mussten.
In Italien erhält man dank des Festivals von Pordenone und von Bologna das Interesse für die Stummfilmmusik am Leben. Glauben Sie, dass dieser Bereich für die jungen Abgänger der Konservatorien, die eine alternative künstlerische Karriere einschlagen möchten, eine gute Gelegenheit bieten kann?
Für den Stummfilm schreiben oder improvisieren ist für die eigene Weiterbildung eine wertvolle Gelegenheit. Zweifellos ist das Problem hauptsächlich, sich ein eigenes Repertoire anzueignen: Filme, bei denen es möglich ist auszuprobieren gibt es zu Tausenden, aber nur wenige haben große Erfolge gefeiert, indem sie oft projiziert werden. Daher endet es damit, dass immer nur die gleichen interpretiert werden. Es ist wie auf einem engen Weg zwischen zwei Abgründen zu wandern, die voller unsichtbarer Schätze sind. Jenseits dieser Betrachtungen würde ich sagen, dass für einen jungen Musiker, der sich der Stummfilmmusik nähert, eines sehr wichtig wäre: sich selber zu vergessen. Das heißt, die akademischen Regeln und die Pflichten der klassischen Komposition zu vergessen, um klanglichen Wegen zu folgen, die vom Fluss der Bilder hervorgerufen werden. Und hauptsächlich wird man das eigene Ego vergessen müssen. Wer diese Art von Musik machen will, wird völlig im Dienste des Films sein müssen. Nur so ist das Endresultat befriedigend.




Der folgende Artikel von Ilse Aichinger über den Stummfilm-Pianisten Gerhard Gruber erschien im Oktober 2006 in ihrem Buch "Subtexte" (Verlag Korrespondenzen) sowie im Buch "Kino ohne Land" (No place for a cinema) von Almut Rink und Ruth Kaaserer (Verlag Czernin):


DER FILMERZIEHER
von Ilse Aichinger

Weder trägt er einen Wiener Orden, noch sorgt er im Rathaus für Aufregung und Rätselraten wie Michael Jackson. Gerhard Gruber, Komponist und Musiker ("der Klavierspieler", wie er für mich heißt), kommt aus der kargen Landschaft des Mühlviertels. Er improvisiert auf dem Klavier zu Stummfilmen, in dem Dreieck, in dem auch ich mich oft bewege: zwischen Metro-Kino, Breitenseer Lichtspielen und Filmmuseum - nicht Bermuda, aber doch der sicherste Ort, um zu verschwinden.

Er macht jeden Film erst möglich und ihn zugleich unnötig. Wer seine Hände auf den beleuchteten Tasten sieht, kann es riskieren, selbst Chaplin zu vergessen, um seiner Erinnerung an ihn aufzuhelfen. Sollte man sich bei Selbstvergessenen fragen, wie viel sie zu vergessen haben? Für Gerhard Gruber ist das nicht relevant. Komponieren ist ein intellektueller Akt, erklärt er, Improvisation ein Liebesakt. "Es würde mich nicht wundern, wenn mein Spiel den Film verändert." Ob er, der weiß, wie viel den Bildern durch das Dialogkino verloren gegangen ist, eine "Petition gegen den Tonfilm" unterzeichnen würde?

"Grubers Form der Bescheidenheit ist zugleich seine Größe", sagt Alexander Horwath (Österreichisches Filmmuseum). "Die spezielle Tatsache, dass bei der Stummfilmmusik der eine Teil ,tot' (d. h. alt und auf Zelluloid gespeichert) und der andere Teil ,lebendig' (also live anwesend und handlungsfähig) ist, verlangt paradoxerweise nach einem Musiker, der sich gerade mit diesem Umstand (also mit dem eigenen ,Vorteil') nicht zufrieden gibt, der den ,toten' Teil genauso lebendig haben möchte, wie er selbst es ist."

"Mir geht die Luft nicht aus, aber ich weiß nicht, was ich mit ihr anfangen soll", konstatiert E. M. Cioran. Aber wer Gerhard Grubers Klavierspiel hört, ist wieder imstande, seinen Atemzügen zu trauen. "Wir gehen durch die Felder und freuen uns", schrieb Adalbert Stifter (wie lange vor der Nacht, in der er sich mit dem Rasiermesser die Kehle durchschnitt, wäre sicher herauszufinden). "Der Mann kann sehr glücklich sein", heißt es in der Stifter-Monografie von Urban Riedl - und das führt wieder zum Stifter-Fan Gerhard Gruber.

Die Frage nach dem "Subtext" einer Person bewegt sich bei Stifter und Gruber konträr und doch aufeinander zu. Gerhard Gruber hat Glück mit sich selbst und sollte, falls er Lust hat, dieses Glück noch sehr lange weitergeben. Er weiß, dass man das Urwüchsige zerstört, wenn man es ans Licht zerrt; dass man tötet, was man entmystifiziert. Wenn der "Skwaraismus" (so Martin Walser über Erich Wolfgang Skwara) "die Leidenschaft ist, die ihre Unerfüllbarkeit zum Programm macht", so ist Gerhard Gruber der leibhaftige Antipode zu dieser Definition.


Über die Stummfilmmusik von Gerhard Gruber:

(von Alexander Horwath, Direktor des Österreichischen Filmmuseum, Wien)

Was ist das: Stummfilmmusik ? Und zu welchem Zweck soll man sie heute betreiben, 70 Jahre nach den letzten authentischen, alltäglichen Stummfilmvorführungen ? Auf diese Fragen gibt es im gegenwärtigen Kulturbetrieb zahllose Antworten, vom Symphonie-Orchester (also Hochkultur) über spaßige Kontrastmusik (also Ironie-Kultur) bis zum Elektronik-Score (also zeitgenössische Interpretation). – In Wahrheit jedoch haben die meisten dieser Antworten wenig mit dem Medium zu tun, das sie zu "rekonstruieren" behaupten, das sie "wieder aufleben lassen" möchten. Natürlich: Alles läßt sich heute mit allem kombinieren, aber ergibt dieses doppelte Alles-Mögliche auch Sinn ?

Die Musik(begleitung) zu Stummfilmen macht heute wohl am meisten Sinn, wenn sie die grundsätzliche Offenheit und Unentscheidbarkeit mitschwingen läßt, die jeder vernünftigen Rekonstruktion einer vergangenen Praxis innewohnen. Und vor allem: wenn die Musik das Medium, um das es geht – den stummen Film – nicht unter ihrem eigenen Gewicht (bzw. der eigenen "Wichtigkeit", Lautstärke oder auch "Helligkeit") begräbt. Wenn sie, im Gegenteil, jene fragilen Dimensionen des Stummfilms "aufblühen" läßt, die im Verlauf der Geschichte und der gewandelten Wahrnehmungsweisen häufig verschüttet worden sind. Diese Idealvorstellung wird sich nie bei allen Arten und allen Werken des Stummfilms umsetzen lassen (in diesem Fall läßt man die Musik besser sein und zeigt die bestmögliche Annäherung: den Stummfilm eben als stummen Film). Und dort, wo es sich – vom Film aus gesehen – machen läßt, benötigt man einen echten musikalischen Partner des Films.

Der österreichische Komponist und (Improvisations-)Musiker Gerhard Gruber ist einer von sehr, sehr wenigen Vertretern des Metiers, die dieser nur scheinbar bescheidenen, tatsächlich aber höchsten Anforderung genügen. Er ist der Partner par excellence. Die spezielle Tatsache, dass bei der Stummfilmmusik der eine Teil "tot" (d.h. alt und auf Zelluloid gespeichert) und der andere Teil "lebendig" (also live anwesend und handlungsfähig) ist, verlangt paradoxerweise nach einem Musiker, der sich gerade mit diesem Umstand (also mit dem eigenen "Vorteil") nicht zufrieden gibt, der den "toten" Teil genauso lebendig haben möchte wie er selbst es ist.

Grubers Form der Bescheidenheit ist zugleich seine Größe; denn es braucht Größe, sich als kreativer und ideenreicher Musiker einem "fremden Text" unterzuordnen. Das ist vergleichbar mit der Beziehung zwischen einem großen Regisseur (Film) und einem großen Schauspieler (Musiker). Hier wie da geht solch ein Ansatz natürlich weit über "Servilität" hinaus: Hier leistet nicht jemand seinen routinierten Dienst ab (so wie die vielen anderen Stummfilmmusiker, die den immer gleichen nostalgisch-kindlichen "Klimper-Teppich" über jeden erdenklichen Film breiten). Hier beginnt statt dessen ein produktives Gespräch – jenseits der Worte. So wie der große Schauspieler auf subtile, nonverbale und sehr bewegliche Art dem Regisseur stetig neue Angebote macht und so immer weitere Schichten des Regiekonzepts freilegt, so verhält sich Gerhard Gruber zum jeweiligen Film – unabhängig ob es sich dabei um Slapstick Comedy, ein historisches Epos, Melodram, psychologisches Kammerspiel oder um einen Abenteuerfilm handelt.

Grubers biografischer Hintergrund als Jazzmusiker, als Improvisator in einem gemeinsamen Spiel, ist für diese unterschiedlichen Qualitäten wohl von großer Bedeutung. Es braucht eine reiche Palette und zugleich die Fähigkeit zur raschen, möglichst nicht-trivialen Reaktion, um auf ein vielfältiges Filmwerk ebenso vielfältig einzugehen. Stummfilmmusik im Sinne Grubers ist weder eine Überhöhung des Films, noch die "Verdaulichmachung" eines "altmodischen" Artefakts, weder eine Eitelkeit noch eine Simplifizierung des existierenden Werks. Sie ist stets ein partnerschaftlicher Vorschlag; in einer Partnerschaft, die garantiert nie langweilig wird. Eine "offene Beziehung" samt innigem Vertrauensverhältnis. 

Ilse Aichinger über Gerhard Gruber

Interview Ilse Aichinger:




Der folgende Artikel von Ilse Aichinger über den Stummfilm-Pianisten Gerhard Gruber erschien im Oktober 2006 in ihrem Buch "Subtexte" (Verlag Korrespondenzen) sowie im Buch "Kino ohne Land" (No place for a cinema) von Almut Rink und Ruth Kaaserer (Verlag Czernin):


DER FILMERZIEHER
Weder trägt er einen Wiener Orden, noch sorgt er im Rathaus für Aufregung und Rätselraten wie Michael Jackson. Gerhard Gruber, Komponist und Musiker ("der Klavierspieler", wie er für mich heißt), kommt aus der kargen Landschaft des Mühlviertels. Er improvisiert auf dem Klavier zu Stummfilmen, in dem Dreieck, in dem auch ich mich oft bewege: zwischen Metro-Kino, Breitenseer Lichtspielen und Filmmuseum - nicht Bermuda, aber doch der sicherste Ort, um zu verschwinden.

Er macht jeden Film erst möglich und ihn zugleich unnötig. Wer seine Hände auf den beleuchteten Tasten sieht, kann es riskieren, selbst Chaplin zu vergessen, um seiner Erinnerung an ihn aufzuhelfen. Sollte man sich bei Selbstvergessenen fragen, wie viel sie zu vergessen haben? Für Gerhard Gruber ist das nicht relevant. Komponieren ist ein intellektueller Akt, erklärt er, Improvisation ein Liebesakt. "Es würde mich nicht wundern, wenn mein Spiel den Film verändert." Ob er, der weiß, wie viel den Bildern durch das Dialogkino verloren gegangen ist, eine "Petition gegen den Tonfilm" unterzeichnen würde?

"Grubers Form der Bescheidenheit ist zugleich seine Größe", sagt Alexander Horwath (Österreichisches Filmmuseum). "Die spezielle Tatsache, dass bei der Stummfilmmusik der eine Teil ,tot' (d. h. alt und auf Zelluloid gespeichert) und der andere Teil ,lebendig' (also live anwesend und handlungsfähig) ist, verlangt paradoxerweise nach einem Musiker, der sich gerade mit diesem Umstand (also mit dem eigenen ,Vorteil') nicht zufrieden gibt, der den ,toten' Teil genauso lebendig haben möchte, wie er selbst es ist."

"Mir geht die Luft nicht aus, aber ich weiß nicht, was ich mit ihr anfangen soll", konstatiert E. M. Cioran. Aber wer Gerhard Grubers Klavierspiel hört, ist wieder imstande, seinen Atemzügen zu trauen. "Wir gehen durch die Felder und freuen uns", schrieb Adalbert Stifter (wie lange vor der Nacht, in der er sich mit dem Rasiermesser die Kehle durchschnitt, wäre sicher herauszufinden). "Der Mann kann sehr glücklich sein", heißt es in der Stifter-Monografie von Urban Riedl - und das führt wieder zum Stifter-Fan Gerhard Gruber.

Die Frage nach dem "Subtext" einer Person bewegt sich bei Stifter und Gruber konträr und doch aufeinander zu. Gerhard Gruber hat Glück mit sich selbst und sollte, falls er Lust hat, dieses Glück noch sehr lange weitergeben. Er weiß, dass man das Urwüchsige zerstört, wenn man es ans Licht zerrt; dass man tötet, was man entmystifiziert. Wenn der "Skwaraismus" (so Martin Walser über Erich Wolfgang Skwara) "die Leidenschaft ist, die ihre Unerfüllbarkeit zum Programm macht", so ist Gerhard Gruber der leibhaftige Antipode zu dieser Definition.

Auch schwer erträgliche Zustände weichen für den, der zum Beispiel nach dem Film "Die Lawine", einem nach Gerhard Gruber "schwer erziehbaren Film", nach Hause oder sonst wohin geht. (Manche Filme tragen sich von selbst, erklärt er, andere müssen "gezogen" werden. Aber es sei Sache des Erziehers, auch die zu mögen, die er nicht mag.) "In der Nacht laufen die Stummfilme weiter. Ich träume in Stummfilm, blau viragiert." Und "Der Typ vom Grab nebenan" (heute um 18 Uhr im Cine-Kino)? Man sollte ihn dort herausholen und zusammen mit anderen Scheintodgefährdeten rasch nach Breitensee zu Gerhard Gruber bringen.

(mit freundlicher Genehmigung der Autorin)

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ENGLISH VERSION:

Blue-Toned Silent Film Dreams

He doesn’t wear a Viennese medal of honor, nor does he create a commotion in the parliament and cause guessing games like Michael Jackson. Gerhard Gruber, composer and musician (“the piano player” as I know him), comes from the barren landscape of
the Muehlviertel. He improvises on the piano to the silent films in the triangle that I often move in: between the Metro-Kino, the Breitenseer Lichtspiele, and the Filmmuseum—not Bermuda, but still a place where you can safely disappear.
He is the one who first makes each film possible and, at the same time, unnecessary. Those who have seen his hands move on the illuminated keys might even risk forgetting Chaplin to boost their memory of him. In letting yourself go, should you ask how much you have to let go? For Gerhard Gruber that isn’t relevant. Composing is an intellectual act. As he explains, improvisation is an act of love. “It wouldn’t surprise me if my playing changed the film.” And would this man—someone who knows how much the pictures have lost through dialogue cinema—sign a “petition against the talkies”?
“Gruber’s form of modesty is likewise his greatness,” said Alexander Horwath (of the Austrian Filmmuseum). “The particular situation of silent film music, in which one part is ‘dead’ (which means old and stored on celluloid) and the other part ‘living’ (alive and capable of acting), paradoxically demands a musician who is not satisfied with this situation (with his or her own ‘advantage’), who wants to make the ‘dead’ part just as much alive as he or she is.”
“I am still breathing the air, but I don’t know what I should do with it,” stated E. M. Cioran. Those who listen to Gerhard Gruber play the piano can once again trust their own breath.

...

And Der Typ vom Grab nebenan (The guy in the next grave) (today at 6 p.m. in Cine-Kino)? You should help him out of there and quickly bring him, together with the others in danger of apparent death, to Breitensee, to Gerhard Gruber.

First published in: Die Presse, 12 March 2005, as “Der Filmerzieher.”
Translated by Lisa Rosenblatt.


TERMINE Gerhard Gruber



PROGRAMM:

STUMMFILMKLASSIKER im Breitenseer Kino Wien
14. September 2007 - 6. January 2008









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LAUREL & HARDY
Kurzfilme 9.Mai 2007 (Kiwanis Lienz)

QUEEN KELLY 12.Mai 2007 (Gartenbau-Kino Wien)
FOOLISH WIVES 16.Mai 2007 (Metrokino Wien)
THE SOCIAL SECRETARY 17.Mai 2007 (Metrokino Wien)

THE UNBELIEVER 19.Mai 2007 (Metrokino Wien)
THE WEDDING MARCH 19.Mai 2007 (Metrokino Wien)
BLIND HUSBANDS 20.Mai 2007 (Metrokino Wien)
THE SOCIAL SECRETARY 21.Mai 2007 (Metrokino Wien)
THE HEART OF HUMANITY 21.Mai 2007
(Metrokino Wien)
THE UNBELIEVER 23.Mai 2007
(Metrokino Wien)
OLD HEIDELBERG 27.Mai 2007
(Metrokino Wien)
QUENN KELLY 27.Mai 2007
(Metrokino Wien)
THE GENERAL 31.Mai 2007 (Forum Neuhofen/ Krems)

OLD HEIDELBERG 1.Juni 2007
(Metrokino Wien)
THE HEART OF HUMANITY 1.Juni 2007
(Metrokino Wien)
FOOLISH WIVES 2.Juni 2007
(Metrokino Wien)
BLIND HUSBANDS 3.Juni 2007
(Metrokino Wien)
ROSALIE ET SES MEUBLES FIDÈLES 8.Juni 2007 (Österr.Filmmuseum)
LÉONTINE GARDE LA MAISON 8.Juni 2007 (Österr.Filmmuseum)
ENGELEIN 8.Juni 2007 (Österr.Filmmuseum)
HIS PICTURE IN THE PAPER 9.Juni 2007
(Metrokino Wien)
MERRY-GO-ROUND 9.Juni 2007
(Metrokino Wien)
THE MERRY WIDOW 10.Juni 2007
(Metrokino Wien)
ASSUNTA SPINA 15.Juni 2007 (Österr.Filmmuseum)
GREED 16.Juni 2007
(Metrokino Wien)
THE MERRY WIDOW 16.Juni 2007
(Metrokino Wien)
THE HUN WITHIN 17.Juni 2007
(Metrokino Wien)
MERRY-GO-ROUND 17.Juni 2007
(Metrokino Wien)
FIOR DI MALE 22.Juni 2007 (Österr.Filmmuseum)
DER STECKBRIEF 22.Juni 2007 (Österr.Filmmuseum)
DER SIEG DES HOSENROCKS 22.Juni 2007 (Österr.Filmmuseum)

THE HUN WITHIN 23.Juni 2007 (Metrokino Wien)
THE MERRY WIDOW 23.Juni 2007
(Metrokino Wien)
HIS PICTURE IN THE PAPER 24.Juni 2007
(Metrokino Wien)
GREED 24.Juni 2007
(Metrokino Wien)
LAUREL & HARDY KURZFILME 28.Juni 2007 (Hofbühne Tegernbach, O.Ö.)
KINGS OF COMEDY 5.-15.Juli 2007 (Neue Bühne Villach)
A PAGE OF MADNESS 24.Juli 2007 (Film Festival Motovun, Kroatien)
CAFE ELEKTRIC 3.August 2007 (Filmhof Asparn/Zaya)
NOSFERATU 8.September 2007 (Waldviertler Stummfilmfest 2007-2011, Vitis)
CAFE ELEKTRIC 3.Oktober 2007
(Waldviertler Stummfilmfest 2007-2011, Vitis)
LAUREL & HARDY 21.Oktober 2007
(Waldviertler Stummfilmfest 2007-2011, Vitis)
ORLACS HÄNDE 14.September 2007 (Breitenseer Lichtspiele Wien)
NANOOK OF THE NORTH 11.November 2007 (Filmcasino Wien)

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Gerhard Gruber is an Austrian composer and piano player. As accompanist for silent movies he has become the leading authority in Austria since 1988.
He has performed for about 380 different films (Viennale 1999-2004, Tokyo 2006, Cineconcerts Bordeaux 2005, Diagonale).

***

As a basic principle he appreciates improvisation for his work, which he regards as best way of a direct and always new dialogue between the events on the screen, the music and the audience. So no performance resembles the others. Gerhard Gruber likes it to be enticed by the films again and again and to pass on these feelings to the audience.

***

ALEXANDER HORWATH, director of the Austrian Filmmuseum, about Gerhard Grubers music for silent movies:

... Music for silent movies needs a genuine musical partner of the film. The Austrian composer and (improvisation) musician Gerhard Gruber is one of very much, very few representatives of the profession, who meets this only apparently modest, actually however highest requirement. He is the partner par excellence.

Silent movie music in the sense Grubers is neither an exaggeration of the film, nor the “digestible making” of an “old-fashionable” artifact, neither a vanity nor another simplification of the existing work. It is always a partnership suggestion; in a partnership, which becomes never boring as it is guaranteed. An “open relationship” including intimate bond of trust.

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www.stummfilm.at


All Performances 2006

Stadt ohne Juden
Termin: Mittwoch, 04. Januar 2006
Ort: Metrokino Wien


Phil Jutzi - Retrospektive
Termin: Mittwoch, 08. Februar 2006 - Dienstag, 28. Februar 2006
Ort: Metrokino, Wien

Sturm über Asien, Oktober, Panzerkreuzer Potemkin, Mutter Krausens Fahrt ins Glück,
Die Todesbarke, Erde u.v.a.

Der General
Termin: Sonntag, 19. Februar 2006, 11:00
Ort: Stadtkino Hainfeld (A-3170 Hainfeld)

"Sex is Cinema" - Retro
Termin: 10.-30.März 2006

Austria-Japan Silent Movie Event
Termin: Sonntag, 16. April 2006 - Samstag, 22. April 2006
Ort: Tokyo, Japan

Filme zum Thema Siegfried Freud
Termin: Donnerstag, 27. April 2006 - Samstag, 29. April 2006
Ort: Metrokino Wien

Die folgenden Filme werden gezeigt:
"Narkotika", "Geheimnisse einer Seele", "Der Student von Prag", "Das Cabinett des Dr. Caligari"

Der General
Termin: Mittwoch, 10. Mai 2006
Ort: Stadtkino Lienz

Konec St.Petersburga
Termin: Freitag, 19. Mai 2006
Ort: Filmmuseum Wien

Aelita
Termin: Sonntag, 21. Mai 2006
Ort: Filmmuseum Wien

Schachmatnaja Gorjatschka/Neo bytschanjye p.m. V.
Termin: Samstag, 27. Mai 2006
Ort: Filmmuseum Wien

Shinel
Termin: Sonntag, 28. Mai 2006
Ort: Filmmuseum Wien

Menschen am Sonntag
Termin: Dienstag, 30. Mai 2006

Film in einer Billy Wilder Retrospektive.

Menschen am Sonntag
Termin: Sonntag, 04. Juni 2006

Film in einer Billy Wilder Retrospektive.

Horror & Freaks
Termin: Dienstag, 06. Juni 2006 - Montag, 31. Juli 2006
Ort: Prater Filmfestival, Wien

Der Teufelsreporter (Im Nebel der Grossstadt)
Termin: Dienstag, 13. Juni 2006
Ort: Metrokino Wien

Film in einer Billy Wilder Retrospektive. Regie: Ernst Laemmle

Orlac's Hände
Termin: Donnerstag, 06. Juli 2006, 21:30
Ort: Kaiserwiese im Prater, Wien

Österrreich 1924, Regie Robert Wiene, Darsteller: Conrad Veidt,Alexandra Sorina,
Fritz Kortner,Fritz Straßny, Paul Askonas,Carmen Cartellieri

Live-Musikbegleitung von Gerhard Gruber, PeterRosmanith und AdulaIbn Quadr

Nosferatu -Symphony des Grauens
Termin: Freitag, 21. Juli 2006, 21:30
Ort: Kaiserwiese im Prater, Wien

Deutschland 1922, Regie: Murnau

Stummfilm im Filmhof
Termin: Montag, 24. Juli 2006
Ort: Filmhof Asparn/Zaya, Österreich

Stummfilm im Filmhof
Termin: Montag, 31. Juli 2006
Ort: Filmhof Asparn/Zaya, Österreich

Stummfilm im Filmhof
Termin: Montag, 07. August 2006
Ort: Filmhof Asparn/Zaya, Österreich

Der General
Termin: Dienstag, 08. August 2006
Ort: Pürbach/ Niederösterreich, Waldviertler Hoftheater

Safety LastTermin: Sonntag, 20. August 2006
Ort: Hofbühne Tegernbach, Schlüßlberg

Harold Lloyd, begleitet von Gerhard Gruber

The Freshman
Termin: Sonntag, 27. August 2006
Ort: Hofbühne Tegernbach, Schlüßlberg

Nosferatu
Termin: Donnerstag, 07. September 2006
Ort: Hard, Vbg.

Musikbegleitung durch Gerhard Gruber und "The Silent Movers"

Die Generallinie
Termin: Freitag, 08. September 2006
Ort: Walser Tal, Voralberg

Walser Herbst, Musikbegleitung durch Gerhard Gruber und "The Silent Movers"

Nosferatu
Termin: Mittwoch, 25. Oktober 2006
Ort: Culturcentrum Wolkenstein, Stainach

Die kleinen Strolche
Termin: Mittwoch, 25. Oktober 2006
Ort: Culturcentrum Wolkenstein, Stainach

A Girl in every Port
Termin: Samstag, 04. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Mit Louise Brooks, Musikbegleitung durch Gerhard Gruber

Die Büchse der Pandora
Termin: Samstag, 04. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Mit Louise Brooks, Musikbegleitung durch Gerhard Gruber

Tagebuch einer Verlorenen
Termin: Sonntag, 05. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Mit Louise Brooks, Musikbegleitung durch Gerhard Gruber

It's the gold army game
Termin: Montag, 06. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Love'em and Leave'em
Termin: Dienstag, 07. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Safety last!
Termin: Mittwoch, 08. November 2006
Ort: Filmclub Wieselburg

The Show-Off
Termin: Donnerstag, 09. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Tagebuch einer Verlorenen
Termin: Freitag, 10. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Die Büchse der Pandora
Termin: Samstag, 11. November 2006
Ort: Metrokino Wien

A Girl in every Port
Termin: Montag, 13. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Beggars of Life
Termin: Mittwoch, 15. November 2006
Ort: Metrokino Wien

The Show-Off
Termin: Donnerstag, 16. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Die Büchse der Pandora
Termin: Donnerstag, 16. November 2006
Ort: Metrokino Wien

It's the gold army game
Termin: Freitag, 17. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Erdgeist
Termin: Sonntag, 19. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Love'em and Leave'em
Termin: Montag, 20. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Beggars of Life
Termin: Dienstag, 21. November 2006
Ort: Metrokino Wien

Sur un air de Charleston
Termin: Freitag, 01. Dezember 2006
Ort: Österreichisches Filmmuseum, Wien

La Fille de l'eau
Termin: Freitag, 01. Dezember 2006
Ort: Österreichisches Filmmuseum, Wien

Tire au flanc
Termin: Samstag, 02. Dezember 2006
Ort: Österreichisches Filmmuseum, Wien

Une vie sans joie (Catherine)
Termin: Samstag, 02. Dezember 2006
Ort: Österreichisches Filmmuseum, Wien

Nana
Termin: Sonntag, 03. Dezember 2006
Ort: Österreichisches Filmmuseum, Wien

Fräulein Else
Termin: Donnerstag, 07. Dezember 2006, 18:30
Ort: Metrokino Wien

Der junge Medardus
Termin: Donnerstag, 07. Dezember 2006, 20:30
Ort: Metrokino Wien

Fräulein Else
Termin: Freitag, 08. Dezember 2006, 20:30
Ort: Metrokino Wien

Der junge Medardus
Termin: Freitag, 08. Dezember 2006, 20:30
Ort: Metrokino Wien